Bedient sich der Staat an der Rentenkasse? FDP fordert Reform bei versicherungsfremden Leistungen (2024)

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Von: Lars-Eric Nievelstein

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Die Deutsche Rentenversicherung zahlt Milliarden für versicherungsfremde Leistungen. Für gewöhnlich erhält sie dafür Geld vom Staat. In manchen Fällen kommt das Geld wohl vom Beitragszahler.

Berlin – Nach wie vor steht das deutsche Rentensystem unter Druck. Eine schrumpfende Zahl von Beschäftigten soll für eine wachsende Zahl von Rentnern die Rente bezahlen. Gleichzeitig will die Bundesregierung mit dem Rentenpaket II das Rentenniveau auf mindestens 48 Prozent eines Durchschnittslohns festlegen. Allerdings gibt es noch eine Belastungsquelle, die für Unverständnis sorgt: die versicherungsfremden Leistungen.

Ausgaben der DRV im Jahr 2023 (geschätzt)374 Milliarden Euro
Kosten für versicherungsfremde Leistungen (geschätzt, 2020)63 bis 112 Milliarden Euro
Bundeszuschüsse der Regierung an die DRV für versicherungsfremde Leistungen (2022)81 Milliarden Euro
Zuständiges MinisteriumBundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

Folgen für Rente: Deutsche Rentenkasse zahlt Milliarden für versicherungsfremde Leistungen

Zur Erklärung: Die deutsche Rentenkasse bezahlt eine Vielzahl von Leistungen. Darunter fallen die Rentenansprüche aus Beschäftigungsverhältnissen, die sich, wie allseits bekannt ist, direkt aus den Beitragszahlungen der arbeitenden Bevölkerung finanzieren. Allerdings fließt das Geld aus der Kasse auch in einige Leistungen, die nicht aus den Beiträgen finanziert sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Rentenansprüche wegen Kindererziehungszeiten
  • Der Grundrentenanspruch aufgrund von langjährig niedrigem Einkommen
  • Kriegsfolgelasten
  • Fremdrentenleistungen

Diese Leistungen fallen mit in das Spektrum, das die Deutsche Rentenversicherung versicherungsfremde Leistungen nennt. Ein Problem dabei ist, dass keine konkrete gesetzliche Regelung existiert, die klar beschreibt, was alles darunterfällt und was nicht. Das allein sorgt schon für Schwierigkeiten, aber dazu später Näheres.

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Wichtig ist voran erst einmal, dass diese versicherungsfremden Leistungen einen nicht unerheblichen Teil der Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ausmachen. Laut der WirtschaftsWoche hatte die DRV im Jahr 2023 geschätzte Ausgaben in Höhe von rund 374 Milliarden Euro, die letzten verlässlichen Zahlen zu den versicherungsfremden Leistungen stammen von 2020. Damals waren es 63 bis 112 Milliarden Euro.

Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen: Was bedeutet das für die Rente?

An dieser Stelle kommt der Bundeszuschuss ins Spiel. Die Bundesregierung schießt der DRV jedes Jahr Milliarden an Steuermitteln zu (laut Bundesrechnungshof waren es 2022 rund 108 Milliarden Euro, von denen 81 Milliarden Euro als Bundeszuschüsse klassifiziert waren), um zu verhindern, dass die Kosten die Rentenversicherung überstrapazieren. Schwierig wird es jedoch, wenn die von der DRV finanzierten gesamtgesellschaftlichen Ausgaben, die mit der klassischen Rente aus Beschäftigungsverhältnissen nichts zu tun haben, die staatlichen Zuschüsse übertreffen. Genau das soll aktuell geschehen, und zwar in Milliardenhöhe.

Bedient sich der Staat an der Rentenkasse? FDP fordert Reform bei versicherungsfremden Leistungen (1)

Was heißt das für die Beitragszahler? Das bedeutet konkret, dass sie mit ihren Rentenbeiträgen für gesamtgesellschaftliche Aufgaben bezahlen. Und es heißt, dass Bürger, die nicht in die Rente einzahlen (zum Beispiel Selbstständige) davon verschont bleiben. „Es kann nicht sein, dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben durch das Kollektiv der Beitragszahler gestemmt werden müssen“, kritisierte dazu Anja Schulz, die FDP-Rentenexpertin im Bundestag.

Kurios dabei: Die DRV gibt auf ihrer Homepage an, dass der reguläre Bundeszuschuss bereits 1998 um einen zusätzlichen Bundeszuschuss ergänzt wurde. „Damit kann der Beitragssatz in jedem Jahr niedriger festgesetzt werden, als es ohne diesen zusätzlichen Zuschuss möglich wäre“, teilte sie mit. Das impliziert, dass die Rentenbeiträge steigen könnten, sollte der Bund die ohnehin aus der regulären beitragsfinanzierten Rente ausgelagerten Leistungen nicht mehr im aktuellen Maße bezuschussen.

Bundesrechnungshof will mehr Transparenz bei Rente

Der Bundesrechnungshof wirft dem zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in diesem Rahmen einen Mangel an Transparenz vor. Dadurch, dass nicht klar gesetzlich definiert ist, welche Leistungen als versicherungsfremd gelten, sei eine konkrete Dokumentation unmöglich. Und ohne eine solche Dokumentation sei nicht ersichtlich, ob – und wie viel – Geld aus der Rentenkasse in Projekte fließt, in die es eigentlich nicht fließen sollte.

Darum schlägt der Rechnungshof vor, dass das BMAS regelmäßig Daten dazu veröffentlichen sollte, welche Leistungen versicherungsfremd sind und welche nicht. Nur so könnten das Parlament und die Öffentlichkeit einschätzen, ob die Bundeszuschüsse, die in diese Zahlungen fließen, gerechtfertigt sind. „Der Bundesrechnungshof empfiehlt dem BMAS, Transparenz bei den versicherungsfremden Leistungen herzustellen. Dazu sollte es die versicherungsfremden Leistungen zumindest in der Bandbreite der engen und erweiterten Abgrenzung der DRV Bund benennen und ihre Höhe berechnen“, forderte der Bundesrechnungshof in einer Stellungnahme. Das Ergebnis könnte das BMAS zum Beispiel im Rentenversicherungsbericht veröffentlichen.

Sparen bei Rente? FDP fordert Auslagerung der versicherungsfremden Leistungen

Wie geht es mit diesen Zuschüssen weiter? Die FDP fordert laut Wirtschaftswoche eine Ausgliederung der versicherungsfremden Leistungen aus der Rentenversicherung. Diese Leistungen sollten jedoch nicht gekürzt werden, lediglich ihre Finanzierung soll aus einem anderen Topf erfolgen. Die gesellschaftlichen Ziele, etwa die Anerkennung von Kindererziehungsleistungen, wolle die FDP dabei nicht vernachlässigen, aber die finanziellen Lasten nicht den Rentenbeitragszahlern auferlegen. „Es widerspricht meinem Verständnis der Schuldenbremse, wenn Kosten in die Sozialversicherungen verlagert werden“, erklärte die FDP-Politikerin Schulz dazu.

Ende 2023 hatte die Bundesregierung angekündigt, aus Haushaltsgründen am Bundeszuschuss für die Rente sparen zu wollen. In Folge warnte die DRV bereits vor „schneller steigenden“ Rentenbeiträgen.

Ersparnis für Rentenzahler – oder auch nicht

Wenn die Ampel-Koalition jetzt also dem Streben der FDP nachkommen und die versicherungsfremden Leistungen auslagern würde, wäre dann eine finanzielle Erleichterung zu erwarten? Der Focus zeigte sich hier pessimistisch; immerhin müsste das Geld für diese Leistungen trotzdem irgendwoher kommen. Das könnte zum Beispiel über die Steuern passieren, die dann logischerweise steigen müssten. Was also am Rentenbeitrag an Ersparnis anfalle, würde dann bei den Steuern als Mehrbelastung bemerkbar.

Allerdings würde die Aufteilung der Kosten auf einen größeren Bevölkerungsteil womöglich für eine immerhin kleine Ersparnis sorgen. Anstatt dass nur die Rentenbeitragszahler für die versicherungsfremden Leistungen aufkommen, würde die Gesamtbevölkerung zur Kasse gebeten.

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